Terrae Mundi bei Artpoetry in Lecce

Tracce del tempo nascosto nel cromatismo puro di Helmut Dirnaichner
Spuren verborgener Zeit im puren Chromatismus von Helmut Dirnaichner

Ausstellung kuratiert von Antonio Giuseppe Lupo

29. September – 14. Oktober 2023 

Galleria ARTPOETRY   Lecce
Via Giuseppe Candido 3 
Leitung: Salvatore Luperto

Terrae Mundi, 2023 ist ein Werk von Helmut Dirnaichner aus dem Jahr 2023 geschöpft mit Erden aus vielen Ländern der Welt in Formen aus zusammengebunden Olivenzweigen als Oval, Blattform  oder Dreieck
Terrae Mundi, 2023
Erden aus Italien, Spanien, Deutschland, Mexico, Chile, Kongo, Ägypten, Australien, Flusskiesel, Hämatit, Jaspis, Zellulose, 150 x 110 cm

Spuren verborgener Zeit im puren Chromatismus von Helmut Dirnaichner

Aus Erden, Aschen und Mineralien bestehen Helmut Dirnaichners Werke. Das sind seine Arbeitsmaterialien, die er im Mörser zerkleinert und zermahlt. Aus ihnen entstehen Schichtungen von ausdrucksstarker Farbwirkung. Artefakte aus reiner Farbe, die er in der Luft schweben lässt, wie bei den Meteore oder den Sassi volanti, oder an die Wand heftet wie Wandteppiche.

Der Wahlsalentiner bayrischer Herkunft wächst auf in einer Gegend mit Sümpfen und Flusskieseln, mit Voralpenmooren und Moränenhügeln; als Kind -so erzählt er uns- kletterte er auf Bäume, stand im engen Kontakt zur Natur und entwickelte seine tief verwurzelte geistige Freiheit, zwei existentielle und künstlerische Komponenten, die er sich immer bewahrt hat.

Alles, was zur Erde und zum Meer gehört, kann für ihn Auslöser einer poetischen Inspiration werden. Im Entstehen der wahrnehmbaren Formen von abstrakter Schönheit bringen sich Welt des Realen und Welt der Gefühle, Konsistenz der Materie und ästhetischer Wert wechselseitig zu gesteigerter Geltung.
Man könnte sagen, dass esprit de geometrie und esprit de finesse (der Geist der Geometrie und der Geist des Feinsinns bei Blaise Pascal) miteinander verschmelzen, im Moment, in dem sich das Konkrete und die metaphysische und spirituelle Komponente verbinden.

Im Grunde ist es so, als wolle Dirnaichner uns mit seinen Installationen wiedergefundene Geheimnisse mitteilen, um uns an einem verborgenen Wissen teilhaben zu lassen, das scheinbar unerreichbar ist, und doch vor unseren Augen liegt, unter den vergänglichen Sedimentierungen, Spuren der verborgenen Zeit, vor Licht vibrierend.
Indem er mit den Materialien und ihrem natürlichen Kraftstrom umgeht, findet der Künstler Wege und Bahnen, die ihn über die den Mineralien und Pflanzen eigene Sprache zum Ergebnis der Poesie führen, zur Feinheit von Formen und Farben, zur Essentialität der Archetypen.

Sein Modus Operandi stützt sich also auf drei unverzichtbare Komponenten: Finden – Fügen – Neu-Schöpfen. Ein Vorgehen, das mit dem Rückgang auf die Suche nach Materialien, Formen und Farben beginnt und sich dann in seinem ganzen Ausdrucksreichtum entfaltet.

Eines der ausgestellten Werke ist „Apulische Erde und Obsidian“, 2022: mit den schwarzen Obsidiansplittern auf roter Erde feiert es die Ockerfarbe der salentinischen Bauxiterde. Der Künstler bringt uns zurück zu unseren prähistorischen Ursprüngen. Das ist eine Form der Reinheit, die ihn besonders anzieht: “Ich möchte die Zeit enthüllen, die die Natur verbirgt -sagt er- ihre Bewegungen, ihr Werden und ihre Verwandlungen erfassen”.
Den vier Himmelsrichtungen fügt Helmut eine weitere hinzu, die nach oben zeigt (Die fünf Himmelsrichtungen, 2023). Die Mineralien, die aus der Tiefe der Höhlen kommen, bekommen neues Leben in der Steigerung des Farbtons, schwingen sich in die Höhe, schweben, in einer Bewegung vom Immanenten zum Transzendenten, durch einen Prozess der Neuschöpfung.

Bei „Terrae Mundi“ (2023) kann man gedanklich und ästhetisch durch ein Vokabular geometrischer Farbelemente schweifen, die aus verschiedenen Regionen der Erde stammen.
Der Beschauer wird so auf eine Reise mitgenommen, die ihn in alle Welt führt, von Europa nach Afrika, von Lateinamerika bis nach Australien. Nebeneinander gesetzt, steigern die verschiedenen Artefakte ihre Farbintensität, indem sie in Beziehung zueinander treten; sie zeugen von den “enzyklopädischen” Schichtungen der Zeit, von den geologischen Sedimentationen des Raums.
Jedes der einzelnen Elemente bewahrt seine eigene Geschichte, verweist auf die Suche des Künstlers in fernen Ländern oder auf die von Freunden auf ihren Reisen gesammelten und dem Künstler anvertrauten Erden.
“Die Erden, die sich hier treffen, sind Erden, mit denen ich seit vierzig Jahren arbeite” – sagt Helmut.
“Die Formen, Dreiecke, Ovale, Lanzetten, sind Formen, die mich in meinem Leben umgeben, sie stehen in Verbindung mit der Erde und mit dem Wachstum. Der Olivenbaum, das Blatt, der Kern, die Frucht, die Schattenkrone, die Astgabelung sind für mich Anlass zu immer neuer Inspiration”.

In dieser Ausstellung findet man archetypische Formen wieder, die Dirnaichner bereits seit den 1980er Jahren ausgearbeitet hat, neben neueren ästhetischen Erkundungen und Kreationen, auf einem Weg vom Immanenten zum Transzendenten, von der klaren, essentiellen Neubearbeitung konkreter Elemente zur Reinheit der Poesie.

Antonio Giuseppe Lupo, Kurator der Ausstellung

Aus dem Italienischen übersetzt von Christine Dirnaichner

„Spagine“, die Zeitschrift des Kulturvereins Fondo Verri in Lecce, veröffentlicht einen ausführlichen Artikel und ein Interview von Antonio Lupo, „Il dialogo con la natura di Helmut Dirnaichner – Helmut Dirnaichners Dialog mit der Natur“, 2.10.2023:

Link zum Artikel in der Zeitschrift Spagine – Fondo Verri

Alumni Newsletter der Akademie der bildenden Künste München

Leave A Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert